Bericht Dreiländertreffen Zug 2016

Bericht vom Dreiländertreffen in Zug

 

Am 06.05. trafen sich SIEC-Mitglieder aus der Schweiz, Österreich, Finnland und Deutschland in Zug in der Zentralschweiz zum traditionellen Dreiländertreffen. Das Team um Beat Gauderon hatte ein hoch interessantes Programm zusammengestellt.

Den Auftakt machte Rémy Müller, der sich im Rahmen seines Masterstudiums mit den Problemen und Wünschen der Ausbilder insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) beschäftigt hatte. Auch in der Schweiz kennt man die Möglichkeit einer Verbundausbildung. Dort bedeutet das allerdings nicht, dass sich mehrere Unternehmen, die alleine nicht die komplette Ausbildungsordnung abdecken können, zusammenschließen und gemeinsam die Ausbildung durchführen. Vielmehr ist der Verbund eine eigenständige juristische Person und schließt die Verträge einerseits mit den Auszubildenden und andererseits mit den Ausbildungsbetrieben. Der Verbund organisiert ergänzend zur betrieblichen Ausbildung und zum Besuch der Berufsschule weitere Qualifizierungsmaßnahmen und betreut den Ablauf der praktischen Ausbildung.

In diesem Kontext wünschen sich die Ausbilder angesichts des demografischen Wandels eine stärkere Unterstützung insbesondere auch in erzieherischer Hinsicht und zum Ausgleich der Defizite in der Allgemeinbildung, um so auch Jugendliche ausbilden zu können, die bei einer besseren Bewerberlage nicht zum Zuge kämen. Solche Unterstützungsleistungen könnten auch Betriebe, die bislang nicht ausbildungsbereit sind, überzeugen, sich an der dualen Ausbildung zu beteiligen.

Im Anschluss daran konnten wir uns von der Funktionsweise der schweizerischen Ausbildungsverbünde beim Besuch der Konditorei von Rotz in Cham. Obwohl dieser Betrieb ein absoluter Vorzeigebetrieb ist und seine Ausbildungsplätze auch ohne Ausbildungsverbund problemlos besetzen könnte, werden dank der hervorragenden Leistungen des Ausbildungsverbunds auch schwächere Bewerber berücksichtigt, die ihren Ausbildungsvertrag mit dem Verbund schließen. Angesichts der Tatsache, dass die Verbundausbildung bislang in Deutschland nur ein Randphänomen darstellt, wäre es sicher eine interessante Überlegung, Verbünde nach schweizerischem Vorbild zu unterhalten.

Allerdings ist die Leistungsfähigkeit der schweizerischen Verbünde aktuell gefährdet, da die Staatsausgaben in der Schweiz zurückgefahren werden und somit die Zuschüsse vonseiten der Kantone geringer werden. Damit wird es schwierig, den bisherigen personellen Standard der Ausbildungsverbünde zu erhalten. Das ist umso bedauerlicher, als die Investition in die Begleitung eines gefährdeten Jugendlichen durch die Ausbildung wesentlich kostengünstiger ist, als die Aufwendungen für Sozialleistungen und andere Folgekosten, die entstehen, wenn die Qualifizierung unterbleibt. Rémy Müller und Jean-Pierre Dällenbach Wollen versuchen im Rahmen eines Erasmus+ Projekts den Nachweis zu führen, wie sehr die Gesellschaft von der Unterstützung von KMU bei der Ausbildung schwieriger Jugendlicher profitiert. Dafür suchen die beiden Projektpartner aus Deutschland.

Die Ausbildungsverbünde sind keineswegs nur eine Institution, die schwächere Jugendliche auffängt. Vielmehr ist die Intention, Unternehmen, die alleine nicht ausbilden würden auf diesem Wege doch an der Ausbildung zu beteiligen. Schon 2012 war es sehr beeindruckend, zu sehen, wie internationale Unternehmen, die oftmals aus ihrem Stammland keine duale Ausbildung kennen, durch den Ausbildungsverbund bildxzug in das schweizerische Berufsbildungssystem eingebunden werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei, dass die Unternehmenssprache in solchen internationalen Unternehmen häufig Englisch ist. Daher war auch die Ausbildung bei bildxzug auf Englisch und es gab ein zusätzliches Businessenglischangebot seitens der Berufsschule.

Mittlerweile ist eine neue Qualität hinsichtlich der Internationalisierung der Berufsbildung erreicht worden, über die Bruno Geiger, Berufsbildung International beim Kanton Zug berichtete. Jetzt gibt es ganz offiziell die Möglichkeit, die komplette Ausbildung auf Englisch zu absolvieren. Allerdings zeigte sich auch, dass es dafür zu wenig geeignete Bewerber gibt, sodass sich nicht alle, ursprünglich vorgesehenen Ausbildungsgänge, wirklich angeboten werden können.

Überdies erwies es sich als schwierig, dass tatsächlich alle Mitarbeiter, die die Ausbildung am Arbeitsplatz leisten, durchgängig Englisch sprechen müssten. Auf den unteren Hierarchieebenen ist die faktische Umgangssprache in der Regel doch Deutsch. Wenn nötig, kann man sich auf Englisch verständigen, aber betriebliche Unterweisungen in der Fremdsprache trauen sich weniger Mitarbeiter zu, als man das in Unternehmen, bei denen die offizielle Umgangssprache Englisch ist, erwarten würde. Dennoch ist davon auszugehen, dass das Modell weiter Schule macht, sogar an komplett englischsprachige Abschlussprüfungen wird bereits gedacht.

Reto Wegmüller, stellvertretender Schulleiter am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug (KBZ), berichtete darüber, wie seine Schule den Schweizerischen Schulpreis erlangte. Dabei spielte die Digitalisierung der schulischen Ausbildung eine nicht unwesentliche Rolle. Diese ist Ausdruck einer insgesamt veränderten Didaktik, die zu einem stärker individualisierten Lernen und mehr Gruppenaktivitäten führen soll.

Das KBZ setzt dabei voll und ganz auf „bring your own device“ (BYOD), das bedeutet, dass die Lernenden ihre Smartphones und Tablets im schulischen WLAN für den Unterricht verwenden sollen. Außerdem wird eine pädagogische Lernplattform genutzt. Elektronische Schulbücher sind derzeit noch Mangelware, werden aber am KBZ ersehnt. Das KBZ verfügt über eine große Mediathek. Doch deren Medienbestand ist heute nur noch von untergeordneter Bedeutung für die Arbeit der Schüler. Allerdings zeigt sich auch am KBZ, was die wissenschaftlichen und auch viele öffentliche Bibliotheken erleben, die Bibliothek als Raum, an dem das Lernen in der Gruppe stattfindet, wird überaus gerne genutzt.

Es war ein rundum gelungener Tag, der erneut die Leistungsfähigkeit des schweizerischen Berufsbildungssystems zeigte. Die Reise in die Schweiz brachte wieder viele Inspirationen. Wer leider nicht dabei sein konnte, hat die Möglichkeit unter http://siec-kongress.jimdo.com/downloads/ die Präsentationen von Rémy Müller und Bruno Geiger abzurufen.